08 Jun Klopapier mit Rasenduft
Alle Jahre wieder ist Fußball-WM und die Marketingwelt spielt verrückt. Es wird gekick-offt, gebrainstormt und gekichert und am Ende kommt schön viel Schund bei rum, über den sich die Hälfte der Bevölkerung amüsiert und die andere Hälfte begeistert.
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Wie gerne erinnere ich mich an in Fußballsammelbildchen eingewickelte Schokolade zurück. Obwohl meine Begeisterung für Fußball schon immer recht niedrig war, handelt sich bei dieser produktbezogenen Erinnerung durchaus um eine Schöne, die ich ganz und gar nicht missen möchte. Korrigiert mich bitte, wenn mich meine Vermutung täuscht, doch denke ich, dass der damalige Markt nicht mit irrsinnigen, wahllos gebrandeten WM-Produkten überschwemmt war. Von Meisterschaft zu Meisterschaft nimmt die Flut an merkwürdigen Brainstorm-Ergüssen diverser Marketing-Agenturen oder -Abteilungen zu und ergießt sich nun erneut über unsere andächtigen Häupter.
Man verlässt sich auf den mittlerweile wiedergekehrten Patriotismus und die Horde von lediglich noch Schwarz, Rot und Gold sehenden Deutschland-Fans, so dass eine Packung bunter Plastikdübel reicht, das Herz eines jenen höherschlagen zu lassen. So strahlen Helmuts falsch gebohrte und gedübelte Löcher neben der Wohnwand fortan in Deutschlandfarben und zaubern ein Lächeln auf die Lippen seiner Skat-Gruppe.
Nun gut. Das nach Fußballfeld-Gras duftende Toilettenpapier mag mittlerweile schon einen wohlverdienten Platz in der Reihe wahnsinniger Produkte ergattert haben, einen nachvollziehbaren Mehrwert liefert es allerdings noch immer nicht.
Welcher verzweifelten Einfallslosigkeit entspringen Haarpflegeprodukte, die auch ohne thematischen Umkleidekabinenduft die Regale zieren? Witzige Sprüche werden auf völlig unwitzige Produkte, wie z.B. Spülmittel gedruckt und dienen als einzige Daseinsberechtigung im schwarz-rot-goldenen Dschungel des LEH.
Was muss der verantwortliche Gärtner geraucht haben, um das Färben einer Echeveria in Deutschlandfarben, für eine gerechtfertigte Tat zu erachten? Und die viel bessere Frage ist: Wie viel Fan-Bier muss ein Mensch beim Public-Viewing getrunken haben, um sich ernsthaft eine solche Pflanze zu kaufen?
Zugegebenermaßen wirkt das Teampack der Marke tictac durchaus ansehnlich und der Illustrator hat sich offensichtlich sehr große Mühe gegeben, die Nationalmannschaft in Miniaturgröße möglichst naturgetreu auf die kleinen Zuckerpillen zu bekommen. Und eventuell wird das eine oder andere sinnvolle WM-Produkt existieren. Schade ist es allerdings, dass der Markenkampf zu jenen Zeiten, scheinbar jeden Marketingverantwortlichen in einen nachvollziehbaren Zugzwang versetzt und Qualität und Sinnhaftigkeit notgedrungen auf der Strecke bleiben.